Ausgabe vom 14.12.2024 Seite 41

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„So selbstbesoffen bin ich nicht“ Wolf Biermann über Kriege und die Frage, ob seine Lieder alle Zeiten überdauern können Gerade ist Wolf Biermann 88 Jahre alt geworden. Merkt man ihm aber nicht an. Biermann ist agil und streitbar wie immer, und sein Werk hat nach wie vor große Relevanz. Ein Gespräch über seine Musik und Gedichte und ein Leben, das er immer streitbar geführt hat.Von Steffen Rüth H err Biermann, es ist wahrscheinlich untertrieben, das politische Geschehen in der Welt und in Deutschland als unterhaltsam zu beschreiben. Wie blicken Sie auf die aktuellen Ereignisse? Wolf Biermann: Wir sitzen leider nicht im Theater, sondern im wirklichen Leben. Und deshalb fließt auch kein Theaterblut. Von meiner Mutter lernte ich das Arbeiterlied: „Des Volkes Blut verströmt in Bächen.“ Es fließt sogar in Strömen, im Ukrainekrieg, im Nahen Osten oder in den noch blutigeren Kriegen in Afrika, von denen kein Mensch hier redet. Putins Russland zerbombt systematisch die Energieversorgung der Ukraine. Nach dem „Holodomor“, dem Stalin-Hungerwinter von 1932, droht der Ukraine jetzt ein Putin-Kältedomor. Ja, das Drama wird für uns Zuschauer noch grauenhaft „unterhaltsam“. Unterdessen haben wir in Deutschland ...