Ausgabe vom 11.09.2023 Seite 7
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Flammende Abrechnung Aktuell: ?Hiob? im Wolfgang-Borchert-Theater Münster.Man musste lange darauf warten, dass ?Hiob? der Kragen platzt. Erst gegen Ende der zweieinhalbstündigen Aufführung, als sein Leben in Trümmern lag und seine Söhne ihm alle verloren schienen, erhob Mendel Singer die Faust gegen Gott. Mendel Singer, jener russisch-jüdische Thoralehrer, den Joseph Roth in seinem Roman ?Hiob? als Stellvertreter des biblischen Dulders auftreten lässt. Die Flammen züngelten auf der Leinwand, Mendel wand sich voll Schmerz auf dem Boden und stellte die bohrende Frage seines Lebens: Warum lässt Gott die Gerechten und Gehorsamen leiden?Der berühmte Roman von 1930 wurde mehrfach fürs Theater adaptiert. Im Wolfgang-Borchert-Theater hatte nun als Spielzeit-Auftakt eine Fassung von Tanja Weidner Premiere. Die Wahl des Stoffes überrascht nicht, stellt ?Hiob? doch dringliche Fragen unserer Zeit: Was macht es mit einem, wenn man die eigene Heimat verlässt, etwa aus materieller Not heraus? Wie geht man mit der Entwurzelung um und wie mit der Fremdheit in der neuen ?Heimat?? Dies wird im Roman aus spezifisch jüdischer Perspektive erzählt, hat doch das jüdische Volk mehr über Unbehaustheit zu erzählen als irgendein anderes.Die Regisseurin Tanja Weidner ließ jedoch auch ...